Produktentwicklung in Schallgeschwindigkeit
13.11.2020
Das Ohr kauft mit. Wenn Haushaltsgeräte unangenehmen Lärm verursachen oder Maschinen unerträglich laut sind, dann ist der Frust von Kunden meist groß. Mit einem Sound Scanner können Produktentwickler recht rasch analysieren, warum Lärm entsteht, wo keiner vermutet wird.
Bei der Produktentwicklung spielen Kosten eine tragende Rolle. Damit die Kosten nicht ausufern und eine rechtzeitige Produkteinführung nicht gefährdet wird, versuchen Projektmanager und Ingenieure aufwendige Versuchsreihen oder Fehlerkorrekturen möglichst zu vermeiden. So können beispielsweise plötzlich auftauchende Geräuschentwicklungen den Projektverlauf unnötig in die Länge ziehen.
Akustische Kameras haben sich in derartigen Situationen als mächtige Werkzeuge etabliert, um ungewollte Geräusche zu lokalisieren und zielgerichtet effektive Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Trotzdem sind akustische Kameras als Instrument der Lokalisierung von Geräuschen vor allem in den Entwicklungsabteilungen kleiner und mittlerer Unternehmen kaum anzutreffen. Nicht verwunderlich, wenn für solche industriellen Messinstrumente die Anschaffungskosten im oberen fünfstelligen Bereich liegen.
Angesichts dieser hohen Kosten in Verbindung mit dem dafür notwendigen Expertenwissen tendieren nicht wenige Hersteller dazu, vor solchen Investitionen Abstand zu nehmen. Und das ist, sagen wir es mal vornehm: nicht immer eine gute Idee.
Entwickler in der Bredouille
Die Unternehmen reagieren auf dieses Dilemma sehr unterschiedlich: Manche beauftragen spezialisierte Dienstleister, andere wiederum stellen sich selbst den Herausforderungen über die Methode von Versuch und Irrtum.
Ingenieure formulieren dann Hypothesen und vermuten, dass dieses oder jenes Phänomen das Problem beschreiben könnte. Daran wird dann über viele Monate fieberhaft gearbeitet – oftmals ohne brauchbares Ergebnis.
Am Ende ist die Frustration groß, weil das eigentliche Problem nicht gelöst wurde. Dies rührt daher, dass in den Abteilungen häufig keine Klarheit darüber besteht, was das Problem überhaupt sein kann. An dieser Herausforderung setzen akustische Kameras gezielt an und weisen sehr schnell auf die den Entstehungsort der Probleme hin.
Neuartiges System der bildlichen Darstellung
Aus diesem Grunde verstärkte sich in den letzten Jahren der Trend zu den deutlich preiswerteren mobilen Kamerasystemen. Jedoch sind mobile Systeme mit einem Durchmesser von nur rund 30 cm nicht in der Lage, eine akzeptable Bildqualität für industrielle Anwendungen zu leisten.
„Daher suchten wir einen neuen, frischeren Zugang zu dieser Problemstellung“, unterstreicht Thomas Rittenschober, Geschäftsführer von Seven Bel. „Wir wollen Unternehmen und Entwickler mit einem anderen, deutlich effektiveren und günstigeren Ansatz die Scheu vor einer Investition nehmen.“
Da die preiswerten Systeme für die industriell erforderlichen Dimensionen für eine genaue Messung der Applikationen zu klein und die großen Systeme zu teuer und zu kompliziert in der Bedienung sind, musste ein neuer Ansatz gefunden werden. Die Mitarbeiter bei Seven Bel fragten sich:
Wie muss ein System aussehen, das eine hohe Bildqualität für industrielle Anwendungen liefert und gleichsam eine hervorragende Benutzerfreundlichkeit und Mobilität zu einem erschwinglichen Preis bietet? Eigentlich ein „Trilemma“, das Seven Bel lösen konnte.
In wenigen Minuten dem Lärm auf der Spur
Die Sound Scanner von Seven Bel nämlich sind einfach zu handhabende, mobile Mess-Systeme, die insbesondere auf Applikationen in der Industrie zielen. Geräusche, die typischerweise von Verbrennungsmotoren, Getrieben, Lüfter oder klassischen Maschinenbauelementen stammen, werden in kürzester Zeit lokalisiert und visuell dargestellt.
„Der Clou unserer Systeme liegt darin, dass sie trotz der kompakten Form eine ausreichende Größe für den professionellen industriellen Einsatz bieten“, betont Rittenschober. „Dank einer extrem reduzierten Hardware, die in einen kleinen Koffer passt, ist unser System in nur zwei bis drei Minuten aufgebaut und für den Anwender einsatzbereit. Unsere Produkte können entsprechend große Flächen abtasten – eben wie die ‚großen‘ Systeme.“
Die gesamte Bedienung erfolgt über ein mobiles Endgerät und die Verarbeitung der gemessenen Daten findet in einem Cloud-Hochleistungsrechner statt. So kommt der Anwender innerhalb kürzester Zeit zu einem ersten Bild, auf dem Geräusche lokalisiert zu sehen sind. Noch ein großer Vorteil:
Das System ist nicht mit vielen Details und Einstellmöglichkeiten überfrachtet, sodass es sich spielend leicht bedienen lässt. Eine grundlegende Vorbildung im Bereich Akustik ist daher auch nicht notwendig.
Der Schall kommt von woanders
Die Konstruktion von Gehäusen für Bearbeitungszentren stellt für Maschinenbauer eine besonders anspruchsvolle Aufgabe dar. Dazu müssen nicht nur gesetzliche Grenzwerte eingehalten, sondern auch zunehmend ein optimales Arbeitsumfeld für die Maschinenbediener bereitgestellt werden.
Während der Entwicklungsphase können Ingenieure durch akustische Bilder dabei unterstützt werden, Schallabstrahlungen während eines Bearbeitungsprozesses zu verstehen und zu bestimmen.
„Auf diese Weise ist es möglich, Lösungen für Maschinengehäuse zu entwickeln, die hinsichtlich der akustischen Abschirmung als auch der Kosten optimiert sind“, so Rittenschober. „Denn vielfach kommt der Schall nicht von dort, wo er ursprünglich erwartet wird.“
Dies ist darauf zurückzuführen, dass beispielsweise beim Kantenschleifen von Glasplatten in Glasbearbeitungszentren kritische Anregungen von Eigenfrequenzen des zu bearbeitenden Materials entstehen können.
Der Schall kommt dann nicht nur von dem Ort, an dem das Schleifen erfolgt, sondern die zu bearbeitende Glasplatte wirkt wie ein Lautsprecher, der den Schall prominent von der gegenüberliegenden Kante abstrahlt.